Lichtenrader Herbst Tag 9: Berlin war eine Reise wert
Ein überaus gelungenes Fazit dürfen die beiden Beelener Teilnehmer nach dem gestern abgeschlossenen Lichtenrader Herbst ziehen. Die Schlußrunde am Sonntag brachte noch einmal zwei sehr schöne Partie und eine kleine Schlußpointe bei der Siegerehrung.
Winfried Hanewinkel spielte gegen den englischen Nachwuchscrack Pavel Asenov (ELO 2207, 14 Jahre!) eine sehr starke Partie, in der bis ins späte Endspiel hinein keinerlei Spielstärkeunterschied sichtbar war. Asenov musste aber unbedingt gewinnen, um noch für einen Jugendpreis in Frage zu kommen, während Winfried schon ein Remis sicher zu einem Ratingpreis gereicht hätte. Erst in der fünften Spielstunde erarbeitete sich der (in Bulgarien geborene) Engländer kleine Vorteile, die er dann konsequent doch noch in einen Sieg umwandelte. Schade für Winfried, der sich nun mit einer DWZ-Verbesserung zufrieden geben muss, die ihn wohl wieder über die 1900er-Grenze bringen wird. Insgesamt spielte Winfried in Lichtenrade ein gutes Turnier, bei dem er einige schwächere Gegner in wackligen Stellungen noch gekonnt betrog, während er gute Stellungen gegen Hochkaräter leider meistens nicht durchbringen konnte.
Dieter Hofenes Schlußpartie war nochmal ein gutes Beispiel dafür, dass es oft leichter ist, gegen einen ELO-Riesen auf Remis zu spielen als vermeintliche Leichtgewichte zu überspielen. Sein Gegner Yamen Ibraheem (Läufer Reinickendorf, DWZ 1699) hätte mit einer Punkteteilung einen Ratingpreis sicher gehabt und machte daraus auch keinerlei Hehl. Insgesamt dreimal musste Dieter während der viereinhalbstündigen Partie ein gegnerisches Remisangebot ablehnen. Lange fiel es dem Beelener aber schwer, den vom Gegner angerührten Beton zu knacken. Erst in einem klassischen Beispiel für das Endspiel guter gegen schlechten Läufer konnte der Gegner die Stellung einfach nicht mehr zusammen halten. Den Ratingpreis bekam er übrigens am Ende trotzdem. Und das Gleiche galt überraschend auch für Dieter. Nachdem ein direkter Konkurrent in seiner DWZ-Kategorie einen kampflosen Punkt zugesprochen bekam, schienen die Chancen des Beeleners auf einen Preis fast gegen Null zu tendieren. Doch bei der abschließenden Siegerehrung gab es dann doch noch einen kleinen Ratingpreis in der Kategorie DWZ < 2000. Insgesamt lief das Turnier für Hofene nach Maß. Gegen fünf stärkere Gegner - die übrigens im Schlußklassement alle unter den ersten 16 plaziert waren - gelangen ihm vier Remisen. Gegen vier DWZ-schwächere Gegner konnte er sich mit 3,5 Punkten fast schadlos halten.
Zu erwähnen bleibt, dass der Lichtenrader Herbst eine ausgezeichnete Turnieradresse ist, die man quasi ohne Bedenken empfehlen kann. An allen Ecken und Enden merkt man, dass die Organisatoren von SW Lichtenrade (übrigens ein erst 1989 gegründeter Verein mit ähnlicher Größe wie der unsere) mit viel Herzblut bei der Sache sind. Die Spielbedingungen sind vorbildlich, bei Fragen sind hilfreiche Helfer meist sofort zur Stelle, das Startgeld hält sich im Rahmen und beim sehr preiswerten Catering hilft der ganze Verein mit. In vieler Hinsicht fühlt man sich an unser gutes altes Pfingstturnier erinnert, allerdings ist alles doppelt bis dreimal so groß. Ob das Turnier im kommenden Jahr noch einmal stattfindet, ist bis jetzt noch nicht sicher. Nach Aussage der Organisatoren hat man in diesem Jahr zum zweiten Mal in Serie rote Zahlen geschrieben. Bleibt nur, die Startgelder zu erhöhen (was man nur ungern tun würde) oder Sponsoren zu finden (was im Berliner Raum aber eher unwahrscheinlich sein soll). Wäre wirklich schade um dieses ausgesprochen schöne Turnier.